Audiocæneat! – „Red Sessions“ (DIY) [Name Your Price Download]
Wie geil ist das denn? Diese 12inch war neulich im Promo-Paket von Trace In Maze Records mit dabei, quasi als Zugabe. Mit dem Zusatz: Muss nicht besprochen werden und so, war übrig, ist auch schon älter, Lagerplatz leeren, Band existiert eh nicht mehr usw. Was soll das denn? Natürlich landete die 12inch wiederholt auf meinem Plattenteller und verweilte da sogar einige Runden, und spoiler: es werden nicht nur wahrscheinlich auch noch etliche mehr werden! Ich kannte das hier bislang nicht! Obwohl mir Post-Rock, der überwiegend instrumental unterwegs ist, nicht der beste Freund ist, werde ich bei Audiocæneat! bei den ersten Klängen direkt hellhörig. Sobald die Nadel das rote (!) Vinyl trifft, ist es um mich geschehen! Ich sitze da, mit dem aufgeklappten Gatefold-Cover, das glatt und geschmeidig in der Hand liegt. Faszinierend! Die Gitarren sind so verdammt melancholisch unterwegs! Kann man eigentlich gar nicht beschreiben, muss man hören, z.B. bei Buh!, beim mit Gesang ausgestatteten Kalypso oder beim Smashing Pumpkins-mäßigen Painting the Earth with Night Flares. So gut! Wenn irgendwer da draußen diese 12inch noch nicht haben sollte und auf 90’sMidwest-Emo gepaart mit Bands wie The Cure, Appleseed Cast, Thursday und Explosions In The Sky stehen sollte, dann lohnt es sich, sämtliche Distro-Kisten nach dieser 12inch zu durchstöbern!
Communal Violence – „Consciousness of Error“ (Time Records) [Name Your Price Download]
Kann man bei einer Spielzeit von etwas über elf Minuten und zehn Songs von einem Album sprechen? Naja, was sicher ist, bei Consciousness of Error handelt es sich um das Debut-Release der schwedischen Band Communal Violence. Wer jetzt mit Spielzeit und Songs gerechnet hat, der kommt sicher zum Entschluss, dass es bei den Songs der drei Herren und der Dame am Mikrofon kurz und knackig zur Sache geht. Die Band spielt eine wahnsinnig chaotische und hibbelige Art von Emo-Powerviolence, der auch ab und zu in noisige Screamo-Gefilde abdrifted und aber stets geschmeidig grindet. Die Bandmitglieder sind bzw. waren nebenbei in Bands wie z.B. Kid Feral und Barabbas du förtappade aktiv. Könnte Leuten gefallen, die auf Zeugs wie SeeYouSpaceCowboy oder eben grindigen Powerviolence stehen.
Daufødt – „1000 Island“ (Fysisk Format) [Stream]
Wenn ihr auf der Suche auf nach vorne preschendem, frischem Hardcore mit einer satten Punkattitüde sein solltet, dann müsst ihr unbedingt mal die Band Daufødt aus Oslo anvisieren. Deren Debutalbum hat ordentlich Pfeffer im Arsch! Der rohe Sound überzeugt durch messerscharfe Gitarren, ein mächtiges Groove-Gerüst aus knödelndem Bass und kraftvoll gehackten Drums und wütenden female Schreivocals. Exoten-Bonus hat das Ganze auch noch, weil die Lyrics in der Landessprache rausgebrüllt werden, die rohe und ungeschliffene Produktion klingt auch fett. Geht live sicher schön high energy-mäßig zur Sache!
Goings – „It’s For You“ (Know Hope Records) [Stream]
So bunt blinkend wie das Albumcover lässt die Musik der Band aus Philadelphia meine Synapsen tanzen. Und zwar auf der vollen Albumlänge von etwas knapp über einer halben Stunde. It’s For You ist ein neonfarbenes Feuerwerk von Gute Laune-Emo á la Algernon Cadwallader, Sport, The Get Up Kids, Motion City Soundtrack, Dismemberment Plan oder Minus The Bear! Manchmal kommen sogar Bands wie die frühen Cardigans oder The Anniversary in den Sinn. Trotz der eingängigen Refrains und Hooklines wird viel Abwechslung geboten. Mathige Gitarren, verkopfte Frickelparts, flirrende Synths und eigensinnige Basslines werden perfekt miteinander verwoben, so dass man so manches Mal über das perfekt arrangierte Ergebnis und die glasklare Produktion ins Staunen gerät. Und obwohl ich jetzt viele Bandvergleiche angeführt habe, klingt das Ganze total eigenständig und leichtfüßig und sympathisch. Absolute Empfehlung!
Karina Kvist – „Nur was, ist die Frage“ (zilpzalp rec.) [Name Your Price Download]
Wie auch schon auf den bisherigen Releases packen mich die fünf Songs der Bamberger DIY-Band auf Anhieb am Schlawittchen. Diesmal werden alle Songs in deutscher Sprache vorgetragen, die persönlichen Lyrics zeigen in intelligenter Art und Weise, was dem Trio in der Seele brennt. Die Vocals pendeln zwischen leidend/verzweifelt und angepisst/wütend , dazwischen schimmert auch ab und an Resignation durch, die Hoffnung wird aber trotzdem nie aufgegeben. Unterstrichen werden die emotionalen Achterbahnfahrten mit einer intensiven Mischung aus Screamo, Emo, Punk und Post-Hardcore. Perfekt gehen leise Passagen in laute und wütende Parts über, dabei bleibt es immer schön unterschwellig melodisch. Mehrmals erwische ich mich dabei, dass sich aufgrund der intensiven Stimmung die Nackenhärchen aufrichten. Die raue Produktion, die an den lauten Stellen trotzdem ordentlich wumms in den Knochen hat und an den leisen Passagen klar und deutlich kommt, steht dem Sound der Bamberger auch gut zu Gesicht. Hier hat mal wieder die Tonmeisterei die Knöpfchen gedreht. Die einseitig bespielte 12inch-EP ist anscheinend ganz schön schick geworden, die freie B-Seite kommt mit einem Siebdruck. Nur was, ist die Frage ist in Zusammenarbeit der DIY-Labels zilpzalp records, Tanz auf Ruinen, Non Ti Seguo Records und AUF LYNX records erschienen.
Oma Oklahoma – „Normalnull“ (Kidnap Music/No Spirit) [
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Hinter dem Namen Oma Oklahoma steckt ein Trio aus Hamburg,
Normalnull ist die Debut-EP. Und die hat es in sich und hat mich ab dem ersten Ton am Wickel, lässt mich hungrig auf mehr Stoff zurück. Bei deutschsprachigem Emopunk aus Hamburg denkt man natürlich sofort an Zeugs wie Turbostaat oder Captain Planet, mich erinnert der Sound der Band aber eher an Sachen wie frühe Monochrome oder Dawnbreed, gerade bei den Gitarren. Milemarker, Fluten und Trip Fontaine wären auch noch gute Referenz-Bands. Und dann diese prägnanten Bassläufe und die wuchtigen Drums, einfach wunderbar! Der Gesang kommt nachdenklich und zerbrechlich rüber, was natürlich auch an den persönlichen aber auch politischen Textinhalten liegt. Mal ist die Marschrichtung straff nach vorn, dann wird wieder inne gehalten und mit angezogener Handbremse gefahren. An den lauteren Stellen wird dann hin und wieder mal gescreamt, so dass auch noch ein wenig Escapado durchschimmert. Es ist einfach diese Soundvielfalt, die scheinbar ganz locker aus dem Ärmel geschüttelt wird, hier schwappt massig Herzblut aus den Lautsprechern. Elemente aus Punk, Emo, Post-Punk, Post-Hardcore, Grunge und Noise werden geschickt miteinander verwoben, dazu sind die Songs richtig gut, stimmig und spannend aufgebaut, selbst das Klavier im Song
Lichtlos wirkt nicht fehlplaziert. Verdammt, das hier würde ich zu gern mal live erleben! Wahrscheinlich muss man sich ranhalten, wenn man noch eine der in einer 100er-Auflage erschienenen Vinyls abgreifen möchte. Wenn die Musik mich bereits digital so berührt, dann wird das auf Vinyl noch stärker der Fall sein, das handgemalte Cover sieht jedenfalls toll aus!
Other Half – „Big Twenty“ (Venn Records) [Stream]
Bei dem aus der UK-Underground-Szene stammenden Norwicher Trio Other Half wirken Leute mit, die man aus Bands wie Maths, Ducking Punches und Manbearpig her kennt. Auf Other Halfs Debutalbum Big Twenty gibt es daher eine sehr tight gespielte Mischung aus Post-Hardcore, 90’s Emocore und Post-Punk zu hören. Etwas düster klingen die vierzehn Songs, auch wenn unterschwellige Melodien hinter den dissonanten Gitarren mit einer gewissen Noise-Verliebtheit entdeckt werden können. Insgesamt geht es treibend, nervös und groovend voran, die oft auftauchenden male/female Doppelvocals kommen auch sehr gut rüber. Textlich wird übrigens auch eher die dunkle Seite der menschlichen Natur ausgeleuchtet. Exzellentes Album, das nicht nur nostalgieverliebte Menschen ausgiebig antesten sollten!
Watertank – „Silent Running“ (Atypeek Music) [Stream]
Melodischen Post-Hardcore mit etwas Grunge, Shoegaze und Alternative vermischt gibt es auf dem mittlerweile dritten Album von der französischen Band Watertank auf die Ohren. Die zehn Songs zünden ein Feuerwerk an Melodien, dabei klingen sie ganz schön nach 90’s, Bands wie die Deftones, frühe Foo Fighters, Helmet, Jimmy Eat World oder Smashing Pumpkins kommen dabei in den Sinn, die Gitarren wabern auch mal in Alice In Chains-Gefilden. Jedenfalls hat sich der Sound der Anfangstage schon etwas mehr in Richtung Neo-Grunge und Shoegaze verlagert, was wahrscheinlich auch einigen Besetzungswechseln zu verdanken ist. Mir gefällt das gerade auch, weil die Songlängen im Durchschnitt auf drei Minuten kommen und es durch abwechslungsreiche und stimmige Arrangements nicht langweilig wird. Manchmal kommt auch die Experimentierfreude der Jungs durch und es sind flirrende Post-Rock-Gitarren oder auch ein Saxophon zu hören, was erstaunlicherweise ganz gut reinpasst.