Waschsalons eignen sich hervorragend als Schauplätze für so manch heitere Kurzgeschichte, spontan fällt mir dieser eine Mr. Bean-Sketch mit dem Kaffee dazu ein, den ich neulich mit meinen Kindern angeschaut habe. Auch als tourende Band kann es hin und wieder vorkommen, dass man einen Waschsalon aufsuchen muss. Weshalb die Band For Them All für ihr Debutalbum das Waschsalon-Motiv dieses schlafenden Typen im schummrigen Licht wohl gewählt hat? Vielleicht geben die Texte einen Hinweis? Grob zusammengefasst geht es auf Sometimes I Don’t Feel Like Myself um puren Herzschmerz und leidgeplagte Rückblicke. Und da sehe ich dann doch einen kleinen Hinweis! Denn wenn eine Beziehung in die Brüche geht, steht meistens ein Teil des Paares ohne eine Waschmaschine da. Vielleicht besteht da ja ein Zusammenhang, Waschsalons strahlen ja auch eine gewisse trostlose und traurige Stimmung aus.
Legt man hingegen das schwarze Gold auf den Plattenspieler und setzt den Arm in die Rille, dann hellt sich die Stimmung doch ziemlich schnell mit den ersten Tönen des Openers auf! Das Album wird mit einem catchy Gitarrenriff und treibenden Drums eröffnet, danach wird ein bisschen zurückgefahren, so dass der melancholische Gesang besser zur Geltung kommt. Was machen Bass und Gitarre denn da bei den ruhigeren Parts im Hintergrund? Hört sich ganz spannend und gefühlvoll an! Und dann taucht wieder dieses geniale Riff auf, das man als Gitarrist sicher gern den ganzen Tag spielen würde! Gitarrist und Sänger Dominik setzt seine Stimme wirkungsvoll ein und pendelt zwischen melancholischem, ruhigen Tönen und kraftvoll und melodisch gesungenen Passagen. Schon mal ein sehr starker Auftakt! Und es geht in dieser Qualität weiter, die A-Seite ist voller Ohrwürmer, so dass man sich kaum traut, die B-Seite aufzulegen. Kleiner Spoiler vorweg: auch hier gibt es keinerlei Ausfälle, so dass bei einer Spielzeit von knapp 45 Minuten und elf Songs keinerlei Langeweile aufkommt. Im Gegenteil, die Songs machen süchtig! Nothing At All verzückt z.B. mit grungigen Riffs, Lucy I’m Lost hat diese halb clean gespielte Gitarren im Hintergrund, während darüber hinaus ein schön melodisches Riff und ein eingängiger Refrain den Song abrundet. Bei Room 33 leuchtet dann noch der großartige Samiam-Stern zur You’re Freaking Me Out-Phase hell am Himmel auf, andere vergleichbare Bands wären übrigens dann auch noch Sachen wie Basement und Citizen. Die Songs halten immer wieder Überraschungen bereit und steigern sich dann doch nochmals, obwohl man schon vermutet hat, dass der Höhepunkt bereits da war.
Wagt man dann nach ein paar Durchläufen der hitlastigen A-Seite den Turn zur B-Seite, dann entdeckt man auch hier Songs, die bis in die Haarspitzen durchdacht sind. Hier fällt auf, dass es ab und an auch mal etwas ruhiger und bedächtiger wird. Dennoch brennen sich die Melodien erneut tief in die Gehörgänge ein. Positiv herausstechend ist übrigens die ausgewogene, satte und druckvolle Produktion. Aufgenommen wurde von Kurt Ebelhäuser, das Mastering erfolgte von Brad Boatright/Audiosiege. Verglichen mit einer Waschmaschine bietet dieses Album eine Auswahl an zahlreichen Programmen, vom Schleudergang mit Vorwäsche, Koch- und Buntwäsche bis hin zur Feinwäsche und Schonschleudern ist hier für jeden Bedarf gesorgt. For Them All ist mit Sometimes I Don’t Feel Like Myself jedenfalls ein verdammt intensives und catchy Album gelungen, das man nicht verpassen sollte!
9/10
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