V.A. – „Youth Crew 2022 7inch“ (Seven Oaks Records u.a.)

Die Youth Crew-Compilation-Reihe startete im Jahr 2008, die einzelnen Veröffentlichungen erschienen im Zwei-Jahres-Rhythmus. Somit handelt es sich bei der 2022-er Version um den mittlerweile achten Teil der Reihe. Und nachdem das Ding im wellensittichfarbenen und durchsichtigen gelben Vinyl (es gibt auch noch eine Magenta-Version) einige Runden auf dem Plattenteller hinter sich hat, würden mich natürlich die bisher erschienen Teile ebenfalls interessieren.

Denn das kleine Scheibchen hat insgesamt acht Bands aus unterschiedlichen Ländern zu bieten, neben Stations aus Deutschland sind mir dank des auf Seven Oaks Records erschienenen Split-Tapes nur Last Gasp aus Ohio bekannt und das Niveau ist ziemlich hoch, soll heißen: das Ding ballert ordentlich und man hat mit einem Schlag acht Bands entdeckt, die genauer unter die Lupe genommen werden sollten! Aber so soll es ja auch sein, das ist die Funktionsweise einer Compilation: neue, oder auch alte Bands kennenzulernen, die einen äußerst freshen Sound auffahren! Und das tun alle der acht Bands, obwohl die Beteiligten womöglich weit entfernt von ihren jugendlichen Jahren sind. Ich muss ja zugeben, dass ich aus der Youth Crew- und Posi-HC-Szene ziemlich herausgewachsen bin, dennoch gab es in meiner HC/Punk-Sozialisation eine Phase, in der ich jedes Release förmlich aufgesogen hätte, wenn es zu der Zeit schon Internet-Streaming-Plattformen gegeben hätte. Anstatt dessen wurden bei einschlägigen Mailordern eben Compilation-7inches bestellt. Okay, aber Opa erzählt vom Krieg, also wieder volle Konzentration auf die vorliegende 7inch!

Das Ding ist in Zusammenarbeit der Labels Seven Oaks Records (D), Patient Zero Records (US) und Youth Authority Records (F) erschienen, und beim deutschen Label sind die Scheibchen auf 50 Stück (gelb/magenta) limitiert, also ist ranhalten angesagt! Ein Textblatt/Wendeposter mit Youth-Crew-typischem Artwork liegt ebenso wie ein Download-Code bei, Full Service also! Auf der A-Seite legt die argentinische Band xDistantex mit einem Smasher unter einer Minute los und ich bin direkt angefixt und finde mich Sekunden später schon auf der Bandcamp-Seite der Band wieder. Wütende female Vocals treffen auf explodierenden Oldschool-HC á la Uniform Choice, geil! Danach sind Urgent Kill aus den Niederlanden dran, der Vergleich zu Man Lifting Banner liegt nicht nur geographisch auf der Hand. VAXXX sind aus Kalifornien und auch in der Straight-Edge-Szene hat Corona Spuren hinterlassen, wie man anhand des Broken Edge-Texts erfährt. Stations beenden die A-Seite mit ihrem Highspeed-Hardcore, den Song kennt man bereits vom Split-Tape. Die B-Seite wird von Iron Deficiency aus Frankreich eröffnet. Dystopischer Hardcore, schön übersteuert, mit überschlagenden, keifenden female Vocals! One Step At A Time aus Belgien kommen dann mit melodischem US-Hardcore á la Champion, Ignite, Uniform Choice und Co um die Ecke. Ich mag den knödelnden Bass! Last Gasp aus den Staaten dann mit US-Oldschool-Sound im Stil von Count Me Out, Nerve Agents, In My Eyes oder Betrayed, da hüpft das sXe-Herz! Abschließend gibt es einen gnadenlos übersteuerten und oldschoolig anmutenden Song der österreichischen Band Alive Inside. Erinnert mich an die Proberaum-Aufnahmen und Konzerte befreundeter Bands in den frühen Neunzigern. Also, ihr seht schon, das hier ist eine äußerst gut gelungene Compilation!

Bandcamp / Seven Oaks Records


Tape-Duo: Last Gasp & Stations (Seven Oaks Records)

Last Gasp – „The Storied Weight of it All“ (Seven Oaks Records) [Stream]
Hach, das Paket aus dem Hause Seven Oaks Records kam gerade richtig kurz vor Weihnachten! Und das auch noch unangekündigt und völlig überraschend! Sehr geil, zwei Tapes von mir bisher unbekannten Bands. Die eine hier ist Last Gasp aus Cleveland, Ohio. Und die blasen mich mit zwar altbekanntem oldschooligen, aber sehr frischem und nach vorne gehenden Hardcore fast vom Stuhl! Das Tape-Cover erinnert mich schonmal irgendwie an alte HC-Artworks wie z.B. Uniform Choice, Circle Jerks oder Black Flag. Musikalisch gibt’s dann 88er-Posi-Youth-Crew-HC auf die Ohren. Vom Spirit her sind das dann so Bands wie Count Me Out, Nerve Agents, In My Eyes, Betrayed, Bane, Ensign, Champion oder Eyeball, vom Groove her geht es auch mal Richtung Shutdown oder frühe Snapcase, aber eher mit durchgedrücktem Gaspedal. Ich spür den Druck der Holzperlenkette förmlich am Hals! Ich war übrigens in meiner Jugend auch mal ein wie im Opener beschriebener Teenage Maniac, manchmal bin ich das auch noch heute! So treffend und zusammen mit der Musik auf den Punkt kann man diesen Zustand wohl kaum besser beschreiben! Zwar bin ich mit mittlerweile knapp 50 echt zu alt für den Scheiß, aber hier hätte ich – wenn es Covid19 nicht gäbe – tierisch Bock auf ’nen schwitzigen HC-Pit, bei dem sich alle auf den Sänger stürzen und sich die Zähne am Mikro ausschlagen wollen. Der hyperventilierende Sänger hat ’ne richtige Emo-Power, da spritzt das Herzblut förmlich raus! Und wäre jeder Bass so gut abgemischt, wie der Rest der Instrumente, dann würde es niemals wieder unzufriedene Bassist*innen geben! Auch wenn mein altes Tape-Deck wieder funzt und ich das Format Tape echt gern habe, hab ich letztendlich vom beiliegenden Download-Code Gebrauch gemacht. Und bei der Gelegenheit hab ich mir auf der Bandcamp-Seite der Jungs auch gleich die Textpassagen reingezogen, die ich aufgrund des Geschreis und der leider unleserlichen Schrift der Lyrics im Booklet nicht entziffern konnte. Und jetzt hüpf ich bei laut aufgedrehter Anlage rum und hoffe, dass ich mich nicht an irgendeiner Möbelkante verletze.


Stations – „Livewire“ (Seven Oaks Records) [Name Your Price Download]
Oh wie lang ist’s her, als ich mal in Dresden war…Definitiv war das vor der Geburt der Band Stations, die irgendwann im Jahr 2016 gegründet wurde. Bisher gab es ’ne EP und ’ne Split. Und jetzt bekomm ich völlig überraschend, siehe oben, ein Tape zugeschickt! Die Farbe des Tapes: grün. Das erinnert mich an mein erstes AC/DC-Tape (Hells Bells), das mir mein großer Bruder auf ein eben grünes BASF-Tape aufgenommen hat. Naja, AC/DC waren zwar damals die Einstiegsdroge für mich, aber das ist ewig lang her (1980?). Und eigentlich tut das hier echt mal gar nichts zur Sache. Obendrein will ich lieber darüber sinnieren, warum mir der Sound von Stations ganz gut reinläuft. Deshalb wieder zurück zum Tape, das auch optisch mit diesem Labyrinth-Artwork gewaltig rockt! Super auch, dass alle Texte abgedruckt sind! Und dann schließt sich der Kreis, als ich im schön gefalteten Tape-Booklet lese, dass beim Song Potato Stomp Daniel von 20 Liter Joghurt mit an Bord ist. Übrigens ist auch noch ein Download-Code handschriftlich beigefügt, ganz große Liebe! Musikalisch gibt’s dazu auch noch schön auf die Fresse: Rotzigen Highspeed-Hardcore mit Biss im Stil von Obtrusive, Krombacher Kellerkinder, Miozän oder Highscore. Wahrscheinlich sind die Vorbilder aber auch ganz frühe Agnostic Front, DRI, Chronical Diarrhoea und Madball mit dem damals noch kleinen Buben mit den abstehenden Ohren am Mikro. Und natürlich auch noch The First Step, die auch gleich noch gecovert werden. Ach ja, trotz der Schnelligkeit ist hier ’ne große Portion Melodie mit an Bord, dazu stimmt auch noch die Message! Oh wie gern würd ich die mal im Proberaum besuchen! Mit Gasmaske? Oder im kleinen Gewölbekeller mit der Birne an die Decke klatschen!