Desolat – „Songs of Love in the Age of Anarchy“ (Bloodshed666 Records)

Ein richtiger Hingucker ist die zweite EP der Wiener Band Desolat geworden. Das Ding kommt als hammergeil aussehende Picture-Vinyl 12inch. Es gibt eine bunte Seite, die im Wimmelbild-Collagen-Stil satirische Zeichnungen und reale Fotos zeigt, unter anderem sind einige österreichische Spezialitäten zu sehen, Gösser-Bierdose inklusive. Die andere Seite ist mit einem durch den Kopierer gejagten Bandfoto in schwarz-weiß-Optik gestaltet, hier erfährt man auch die Songtitel und ein paar andere Eckdaten zum Release. Fälschlicherweise wurde auf die Vinylscheibe 45rpm aufgedruckt, das Ding läuft aber am besten rund mit 33rpm. Das originelle Artwork stammt übrigens von der Allround-Künstlerin Lisl Matzer (Sängerin und Gitarristin bei der Band Face The Owl). Bei Songs of Love in the Age of Anarchy handelt es sich um das zweite Release der Band, die aus der Stoner/Sludge-Band Cyruss hervorgegangen ist. Insgesamt sind fünf Songs in einer Spielzeit von etwas knapp über zwanzig Minuten zu hören.

Entgegen des farbenfrohen Wimmelbilds ist das Trio sehr düster unterwegs. Ein Panzergeschütz aus walzenden Drums und knarzendem Bass bildet die Grundlage, dazu gesellt sich eine Gitarre, die zwischen schwermütigen Melodien und harten, groovigen Riffs pendelt. Und dann gibt’s noch dieses fiese Geschrei des Sängers, das Parallelen eines tollwütigen Straßenköters erkennen lässt. Der Typ schreit mit einer Inbrunst, die keine Zweifel aufkommen lässt, dass er im Ernstfall auch stahlhartes Eisen durchbeißen würde. Neben den zahlreichen schleppenden Passagen gibt es auch mal heftigere und schnellere Ausbrüche, die Jungs verstehen ihr Handwerk, soviel wird bereits beim ersten Durchlauf klar. Und jeder weitere zeigt, dass hier mit viel Liebe zum Detail komponiert wurde, auch die verschiedenen Filmsamples fügen sich wie für sie drum herumgespielt in den Gesamtsound mit ein. Und immer wieder dringt diese zum tonnenschweren Sludgecore äußerst kontrastreiche und fast schon harmonische Gitarre in den Vordergrund, zudem ist eine starke Noise-Kante vorhanden.

Merke also: Österreich muss man nicht automatisch mit Wiesen, Wäldern und Wandern verbinden, es gibt auch durchaus eine Schattenwelt, in der das Berggestein einmal mit der Dampfwalze überrollt wird. Da bleibt außer einer planen Fläche dampfenden Gerölls kaum etwas übrig. Die Jungs von Desolat kommen zwar aus der DIY-Anarcho-Punk-Szene, ihre Musik ist jedoch grob umschrieben ein schönes fettes Gemetzel aus Sludge, Doom, Blackened Hardcore, Crust, Noise und Stoner. Einziger Minuspunkt ist übrigens, dass kein Textblatt beiliegt. Anhand der Songtitel und des Artworks lässt sich aber erahnen, dass gesellschaftskritische und antikapitalistische Inhalte zentrale Themen sind. Und jetzt, dreht die Anlage laut auf und lasst euch vom dreckigen Sound der Jungs überrollen!

8/10

Bandcamp / Bloodshed 666 Records