Duct Hearts – „Feathers“ (time as a color)

Am Anfang war diese 31 Minuten und 49 Sekunden dauernde m4a-Datei, die obendrein noch mit einem falschen Albumcover getaggt war, welches mir irgendwie bekannt vorkam. Einen Mausklick später (Vorschaubild im Vollbild) war klar, dass hier sicher ein Fehler vorlag, denn das angezeigte Cover gehörte zu einer Band aus Baltimore, die keinen mir erkennbaren Bezug zu Duct Hearts hat. Nun, das von Duct Hearts-Frontmann Daniel geschickte Sound-File ist aber zweifelsohne das richtige.  Das merkt man ziemlich bald nach dem sphärischen Reverb-Intro (mischt da etwa eine Orgel mit?), spätestens dann, wenn die markante Stimme von Daniel einsetzt.  Denn eines ist sicher: auch wenn Daniels Stimme oft mit der von Chris Higdon/Elliott verglichen wird, hat sie einen enorm eigenständigen Charakter und damit einen sehr hohen Wiedererkennungswert. Generell muss ich ja anmerken, dass mir Rezensionen viel besser von der Hand gehen, wenn ich auch etwas in der Hand halte, an dem ich schnuppern, reiben oder drüber streicheln kann. Und manche Musik wirkt auf Vinyl dann nochmal eine ganze Ecke anders, als rein digital. Im Fall der sechs Songs dieses Albums kann ich mir sehr gut vorstellen, wie die Musik auf Vinyl klingen wird, soviel schon mal vorneweg. Aber kommen wir endlich mal zur Musik: denn die kann vom ersten Ton an in den Bann ziehen und obendrein merkt man ziemlich schnell, dass Feathers ein Album ist, das sehr durchdacht um die Ecke kommt, so wie man es ja auch von den Münchenern gewohnt ist. Vom Mastering her ist das Album stimmig gemischt, so dass es ein Genuss ist, die etwas länger als eine halbe Stunde andauernde Reise durch die Welt von Duct Hearts am besten mit einem Kopfhörer ausgestattet anzutreten.

Laut aufgedreht taucht man förmlich in eine vielseitige, geheimnisumwobene Unterwasser-Welt, die sich irgendwie anfühlt, als wäre man von einem von weichen Federn ausgebettetem Kissenmeer umschlossen. Von sphärischen Klangteppichen über leise, reduziert daher kommende oder nur mit Gesang hinterlegte Passagen bis hin zu bombastischen Soundausbrüchen fällt hier kein Ton unter den Tisch. Im Gegenteil, die Instrumente ergänzen sich und treten sich absolut gleichgestellt gegenüber. Die Gitarren klingen an manchen Stellen so schön glasklar und flirrig, während im Kontrast dazu auch schon mal ordentlich gebraten wird und das Schlagzeug einen verrückten Rhythmus raushaut. Und bei einigen wenigen Stellen könnte man wirklich eine Feder fallen hören, so zart und zerbrechlich sind die, bis wieder  delay-artige Klangfelder durch den Raum schwirren, die wie märchenhafte Erzählungen scheinen. Apropos Erzählungen: hinter Feathers steckt ein durchdachtes Konzept, die tiefgehenden Texte dürften reichlich zum Nachdenken anregen. Wenn ihr mehr erfahren wollt: in Kürze erscheint auf diesen Seiten ein Interview mit der Band.

Mit dem Intro-ähnlichen Feathers beginnt das Album wie gesagt erstmal ruhig, sphärisch und behutsam. Das ändert sich abprupt mit bombastischen Doublebass-Paukenschlägen und sich auftürmenden, schweren Gitarren, die den zweiten Song Spinae einleiten. Und hier sind sie wieder, die verspielten Gitarrenklänge, die eine Melodie spielen, die aus einer anderen Welt zu kommen scheint. Schon bei den ersten Durchläufen merkt man, wieviel Ideen in einem einzigen Song umgesetzt wurden. Und das ist auch der Grund dafür, dass das Album keinesfalls Langeweile verursacht, da man auch noch etliche Hörrunden später Passagen entdeckt, die bisher am Gehör vorbeigeflossen sind. Bei Piuma z.B. erwartet man zu Beginn aufgrund der eher schleppenderen Gangart nicht, dass der Song noch in einem sphärischen, fast orchestralen Chor gipfelt. Was auch spannend ist: die Songs scheinen irgendwie ineinander überzufließen, so dass es schwer fällt, einzelne Songs heraus zu picken, Shuffle-Mode mochte ich sowieso noch nie. Da ist man total versunken und wird von den Gitarren um den Finger gewickelt, bis man sich im nächsten Moment beim Song Hide in einem wunderschönen Refrain á la frühe Elliott findet. Überhaupt klingt der Sound der Münchener insgesamt nicht mehr so sehr nach Mid90’s Emo, auch wenn Christie Front Drive desöfteren um die Ecke schielen. Die Post-Rock-Anteile überwiegen deutlich auf diesem ersten Album. Da kommen dann Bands wie This Will Destroy You  oder Red Sparowes in den Sinn.  Ha, und beim letzten Song Shell erinnert mich dann das als Outro dienende Instrumental ganz entfernt an eine Michung aus einem Coldplay-Song, als diese noch nicht so richtig scheiße waren und dieser einen Boy Sets Fire-Ballade. Ach ja, am Release sind neben time as a color noch die Labels Upwind Productions, Strictly no capital letters, Friend of Mine, Middle Man Records und Pundonor Records beteiligt, wobei die CD/digital-Version nur auf time as a color erscheint und für den Vertrieb Broken Silence zuständig ist.

8.5/10

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Ein Gedanke zu “Duct Hearts – „Feathers“ (time as a color)

  1. Kann mich dir da nur komplett anschließen! Hab die Platte heute bekommen [weißes Vinyl :) ] und schon mehrmals durchlaufen lassen! Die Musik, das Artwork, einfach wunderschön!
    Diese göttliche Gitarre, die Texte, einfach die ganze Stimmung der Platte…9/10.
    Also Vinyl kaufen, Label und Band supporten!! Da steckt viel Herzblut drin!!!

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