Buzz Rodeo – „Sports“ (Whosbrain Records, Radio Is Down Records)

Da denkt man, man hätte die heimische Szene im Umkreis von 200 Kilometern auf dem Schirm, als völlig unerwartet eine Anfrage einer Band hereinschneit, von der man aufgrund des Bandnamens eher vermutet hätte, dass es eine dieser Anfragen ist, bei denen man nach zwei Sekunden des Hörens direkt gelangweilt und mit total schlechtem Gewissen wegklickt, bevor größerer Schaden am Gehör entstehen kann. Mit dieser Erwartung hatte ich vor ein paar Tagen also auf den Play-Button gedrückt und war nach einem donnernden Schlagzeug-Bass-Intro mit ein paar schrägen Gitarreneinsprengseln gleich von Anfang an hin und weg. Nach einer kurzen und sympathischen e-Mail-Konversation hielt ich auch schon drei Tage später die LP des Stuttgarter Trios in den zittrigen Händen. Und ja, auch bei diesem Release gibt es ein Detail, das diese Platte erstmal optisch so besonders macht. Limitiert auf 200 Stück kommt jede der edlen Scheiben mit einer Art Sport-Medaille in Gold, die im Mittelpunkt des Albumcovers aufgeklebt sofort plastisch ins Auge springt. Die Medaille meines Exemplars zeigt einen Wasserski-fahrenden Goldjungen. Ich bin ja wirklich kein Vinyl-Schoner, aber diese Platte schreit nach locker stehenden Gesellen in der Nachbarschaft, Druckstellen im näheren Umfeld sind sonst vorprogrammiert, zudem möchte man ja nicht, dass die aufgeklebte Medaille irgendwann abfällt. Obwohl, falls das Ding sich jemals ablösen sollte, dann macht einfach ’n Loch rein und hängt euch die Trophäe um den Hals. Wenn ihr euch dann noch ’ne Geschichte zu der gewonnenen Medaille ausdenkt, dann ist der Sieg nicht mehr weit, denn die Leute stehen auf Menschen mit Medaillen um den Hals.

Jetzt aber endlich mal zur Musik: Das Ding hier gehört definitiv auf einem Plattenspieler gehört, der Anschluss an eine bassdominierende Anlage ist sowieso absolute Pflicht. Vom ersten Moment an pulsiert hier das Leben, da hüpft die Plattennadel munter umher. Knistern, Schlagzeug, Bass und Noise-Gitarre bilden das Grundgerüst, hinzu kommen schräge Gitarren, ein paar Rückkopplungsgeräusche und die ein oder andere schmissige Gitarrenmelodie, die sich präzise in den Gehörgang bohrt. Neben den deutschen Noisern von Craving hört man unter anderem auch frühe Lack, ganz viel Drive Like Jehu, At The Drive-In, Fugazi, Cop Shoot Cop ohne Keyboards und mit mehr Gitarren, Jesus Lizard oder Shellac heraus, überhaupt dominiert auf diesen Aufnahmen die Musik, die man von Labels wie z.B. bluNoise in den Neunzigern oder Touch And Go Records kennt. Dazu ist das Ganze auch noch spannend strukturiert und druckvoll produziert. Für euer nächstes Mixtape würde sich z.B. Home  eignen, wenn ihr es etwas melodischer mögt. Falls ihr ein noisiges, vertracktes Post-Punk-Stück bevorzugt, dann würde sich der Opener Arkansas oder Brick Lane bestens eignen. Übrigens, fällt euch auch auf, wie wahnsinnig vielseitig und gehaltvoll die Stuttgarter Szene mittlerweile ist? Der Stuttgarter Kessel kocht sprudelnd, der Schmelztiegel bringt laufend neue und v.a. gute Bands zum Vorschein. Auf der einen Seite die ganzen HC/Punk-Bands wie Hell & Back, Pessimistic Lines, Younger Us oder Empowerment, auf der anderen Seite die Post-Punk und Noise-Szene mit Bands wie Die Nerven, Kaufmann Frust, Human Abfall oder nun eben Buzz Rodeo. Für ein erstes Lebenszeichen legt Sports die Latte für kommende Releases jedenfalls verdammt hoch.

8/10

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