drych – „Selftitled“ (Pike Records)

Hier kommt mal wieder ein Debut-Release einer Band um die Ecke, bei dem man stutzig wird, warum immer wieder Bands aus dem Nichts in Erscheinung treten und es dazu schaffen, mit ihrem Debut alles niederzureißen. Eine oft zutreffende Erklärung ist hier natürlich der Hinweis, dass die beteiligten Mitglieder schon jahrelang miteinander Musik gemacht haben und zuvor auch durchaus mit namhaften Bands in Erscheinung getreten sind. Im Falle von drych kennt man die Beteiligten von Bands wie z.B. Elmar, ISWH oder Aslov Kinski. drych ist also ein junges Quartett aus Dresden, erste Facebook Aktivitäten stammen aus dem Jahr 2018. Genretechnisch geht der Sound der Dresdner eher in die Richtung der Band Aslov Kinski, grob gesagt machen die Jungs düster angehauchten Hardcore. drych ist übrigens laut einer Onlineübersetzung der walisische Begriff für „Spiegel“.

Ich habe lange gerätselt, was hinter dem Coverartwork stecken könnte.Irgendwie sieht der Hintergrund aus, wie die verbrannte Rinde eines Baumes. Auch die Bilder auf dem Backcover und im Poster-Textblatt deuten darauf hin, als ob ein Brand über eine ehemals intakte Natur gefegt wäre. Da auf dem Backcover eine Zeichnung eines toten Vogels abgebildet ist und auf dem Frontcover ein weinender Mensch zu sehen ist, der auch langsam dahinzuscheiden scheint, erscheint mir diese Vermutung zusammen mit den Texten betrachtet am schlüssigsten. Erst stirbt der Wald, dann der Mensch! Die Texte zu entziffern ist übrigens gar nicht so einfach, die etwas krakelige Handschrift liest sich in weißer Farbe auf teils hellem Hintergrund nicht so gut. Dafür sieht das Poster mit der Zeichnung einer brennenden Fackel ganz hübsch aus. Soweit ich es verstanden habe, ist die große gemeinsame Kuscheldecke des Kapitalismus ein zentrales Thema. Die Frage, wo sich in diesen orientierungslosen Zeiten denn noch Halt finden lässt, wird letztendlich nicht beantwortet. Vielmehr wird der Menschheit ein Spiegel vorgehalten, schließlich tragen wir alle permanent zur Zerstörung der Umwelt bei. Jedenfalls gibt es hier eine große Portion apokalyptischer Endzeitstimmung zu entdecken. Passend dazu kommt rotes und mit Rauchschwaden durchzogenes Vinyl zum Vorschein. Willkommen im Inferno! Das Ding ist einseitig bespielt, sechs Songs sind darauf zu hören.

Dementsprechend düster wabert der Sound aus den Lautsprechern. From Graft wütet direkt galoppierend und crustig los, der Schlagzeuger hackt zusammen mit dem Basser einmal kurz die vom Fegefeuer übriggelassenen Holzklumpen zu Staub, während die Gitarren die paar verbliebenen Bäume gnadenlos umsägen. Ganz schön flächiger Sound, auffallend sind hier die dissonanten Töne im Mittelteil, die von den Gitarren erzeugt werden. Natürlich schreit der Sänger zum höllischen Inferno seine Verzweiflung raus, so als ob er am Steuer eines brennenden Tanklastwagens das Gaspedal bis zum Anschlag durchdrücken würde, nur um den brennenden Tanker über die Klippen in den Abgrund zu jagen. Auch im nachfolgenden To Gravel bleibt es rasant, es wird mit reichlich Adrenalin gepumpt. Mir gefallen v.a. die immer wiederkehrenden unterschwelligen Melodien, die die Gitarren an die Oberfläche bugsieren. Zudem bauen die Jungs im Verlauf des Albums immer wieder chaotische, rasend schnelle Parts in ihre Songs mit ein, metallische Untertöne sind ebenfalls rauszuhören. Überhaupt ist das ganze schön abwechslungsreich und energiegeladen, melancholische Untertöne sind ebenso mit dabei und die satte Produktion von der Tonmeisterei drückt auch gewaltig! Wenn ihr crustig angehauchten Blackened Hardcore mit Screamo-Referenzen im Stil von Bands wie z.B. Rise And Fall oder Nails mögt, dann seid ihr bei drych genau richtig!

8.5/10

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