Bandsalat: Basque, Child, The Disgrazia Legend, EITR, Like Wires, Ultrablut

Basque – „Pain Without Hope Of Healing“ (no funeral records) [Name Your Price Download]
Die Band Basque aus Ontario, Kanada kommt mit einem Debutalbum um die Ecke, das v.a. Screamo-Fans mit Hang zu Powerviolence-Ausbrüchen ein Lächeln ins Gesicht zaubern sollte. Das Album beginnt mit sanften Emocore-Klängen, nach ein paar ruhigen Momenten gipfelt der Sound aber in einer emotive Screamo-Orgie mit wilden Rückkopplungsgeräuschen, chaotischen Drum-Ausbrüchen und rotierenden, oftmals dissonanten Gitarren und ebenso gegenspielendem Bass. Dazu noch die heiseren, sich überschlagenden Schrei-Vocals und man findet sich in einem intensiven Soundbrei wieder, der auch textlich auf dunklen Pfaden wandelt und sich mit den düsteren Auswüchsen des kapitalistischen Systems, Suchtproblemen und anderen unbequemen Themen unserer Gesellschaft beschäftigen. Starker Tobak, entsprechend musikalisch untermalt! Sieben Songs in zwanzig Minuten Spielzeit. Für Fans von Bands wie beispielsweise Jeromes Dream, Blind Girls, Portraits Of Past oder Lord Snow.


Child – „Shitegeist“ (Suicide Records) [Stream]
Bereits das zweite Album der mir bis zur Besprechungsanfrage unbekannten Band aus Schweden, obwohl auch schon wieder seit 2015 unterwegs. Natürlich sind auch ein paar alte Szenehasen im Lineup, was man letztlich den Songs auch anhört. Hier wird geknüppelt, was das Zeug hält. Die Band ist irgendwo zwischen Crust, Grindcore, Hardcore, Metal und Punk unterwegs, die Songs klingen alle sehr schroff, sind aber fett produziert. Die Lyrics drehen sich um gesellschaftspolitische Missstände, die Welt ist kurz vor’m Kollaps, da passt die Mucke von Child natürlich wie die Faust aufs Auge. Live würde ich mir das gerne anschauen, da die Songs bereits auf Konserve ziemlich energiegeladen klingen! Für Fans von Wolfbrigade, Tragedy, Martyrdöd oder From Ashes Rise ein gefundenes Fressen.


The Disgrazia Legend – „FINE“ (DIY) [Name Your Price Download]
Die italienische Band The Disgrazia Legend gründete sich im Jahr 2003 und segnete eigentlich bereits im Jahr 2020 das Zeitliche, nachdem im Studio noch einige Songs aufgenommen wurden. Diese erscheinen nun posthum unter dem Albumtitel FINE, was im italienischen das Ende bedeutet. Während der Aufnahmen gab es wohl Spannungen, schließlich eskalierte es und die Bandmitglieder zerstritten sich heftig. Trotzdem entschied sich die Band, ihre wohl bisher besten Songs nicht auf irgendeinem Datenträger für die Ewigkeit verschimmeln zu lassen. Da kann man nur sagen: vielen Dank dafür! Selbst wenn angesichts der Umstände nur ein einziges Bandmitglied beim Abmischen und Mastern dabei war, hat sich dieser Einsatz mehr als gelohnt! Die acht Songs dürften alle begeistern, die sich in der Schnittmenge Post-Hardcore und Noise-Rock wohl fühlen. Unsane trifft auf At The Drive-In, Frodus und City Of Caterpillar und Milemarker linsen auch mal um die Ecke. Hier passt alles, die Songarrangements sind super, der Sound kommt auf der einen Seite roh, auf der anderen Seite klingt es aber schön satt. Auch textlich hat die Band einiges zu sagen, im Mittelpunkt stehen die unguten Entwicklungen in Europa und weltweit, die Frustration über die Verbreitung von Hass, Diskriminierung, Nationalismus und die Auswirkungen des kapitalistischen Systems schwappt aus jeder Note. Sehr starkes Album, sollte man sich unbedingt zu Gemüte führen und danach intensiv bei den folgenden Hörrunden trauern, weil es das letzte Lebenszeichen einer talentierten Band ist und man sie erst jetzt kennenlernen durfte. So erging es jedenfalls mir, ohne die Besprechungsanfrage wäre ich wohl kaum auf dieses Hammer-Release aufmerksam geworden!


EITR – „Sonnenkönig Demo“ (Krachige Platten) [Name Your Price Download]
Deutschpunk aus Offenburg! Geiler Bandname, super Wortspiel. Eitr…vor Schönheit! Ich brech ab! Louis XIV, der eitle Sonnenkönig, hatte ja ein ziemlich übles Hygiene-Problem, Eiter am Arsch wurde damals einfach mit Parfüm übertyncht, sich waschen gehörte nicht zu den Gepflogenheiten am Hofe. Dementsprechend kann ich jetzt schon den Geruch im Juze-Keller riechen, den das Publikum der Band EITR umgibt: nasser Hund, Bier und Schweiß. Jedenfalls kannte ich die Jungs aus Offenburg vor dieser Besprechungsanfrage noch nicht. So ca. 2019 gegründet ist …vor Schönheit bereits Demo Nummer drei. Das Quartett setzt sich zu 3/4 aus der Straßenkapelle Grim Buskers (Sid, Rüdiger und Jörn) und Jonathan zusammen, der sich aber anscheinend lieber der Straße fern hält und daheim in der guten Stube an Songmaterial bastelt. Parallel dazu betreibt er noch den YouTube-Kanal Joey Controlletti und trommelt bei der Doom-Band RONTGEN. Klingt schon mal alles sehr spannend. Und das, was Eitr auf dem Demo da raushaut, klingt ziemlich geil und oldschool-punkig! Und die nötige Portion Witz gibt’s mit den Texten serviert. Lasst euch aber vom Witz nicht irritieren, mit den unsäglichen Fun-Punk-Bands von anno dazumal hat das hier nichts gemein, zudem sind zwei Songs in italienischer Sprache verfasst und zum Abschluss gibt’s noch eine Coverversion der 90’s Dance Band 2Unlimited (No Limit). Als Anspiel-Tipps würde ich jetzt mal die Songs Schlanker Ex-Punker, Porta Mi Via oder das ruppige Ellenbogen empfehlen. Irgendwo zwischen räudigeren Rong Kong Koma, punkigeren Negazione und rumpelnden Toxoplasma.


Like Wires – „Cold Matter“ (Les Disques Bleus Enregistrements) [Stream]
Nach einer ersten EP im Jahr 2015 und ein paar Shows stand die französische Band vor der Auflösung, da einige Bandmitglieder ausgestiegen sind. Irgendwo schwelte wohl seither im Hintergrund ein Brand, der dazu führte, dass die Band im Jahr 2023 mit neuen Mitgliedern einen zweiten Anlauf wagte. Like Wires schrieb also mit neuem Schwung wieder neues Material und konnte es aufnehmen. Und dieses Material ist jetzt in Form einer 5-Song-EP erschienen. Die Band ist musikalisch irgendwo im Post-Hardcore daheim, Elemente von Screamo, Hardcore, Punk, Metalcore und Emo spielen auch eine Rolle. Hört da mal rein, klingt frisch und macht Appetit auf eine Live-Show!


Ultrablut – „Teneriffa“ (Santa Diabla) [Name Your Price Download]
Aus Wuppertal mit der Rakete direkt nach Teneriffa düsen? Das gelingt mit dem Sound der Band Ultrablut, die eben in Wuppertal zuhause ist und deren erste EP den Titel Teneriffa trägt. Ultrablut machen einen ziemlich weirden und abgedrehten Sound, in eine Schublade lässt sich das Quartett kaum einordnen. Punk, Hardcore, Blackmetal, Psycho-Surf, Grindcore, Crust…da knüppeln Dich die Blastbeats zu Brei, da wird gescreamt, es kommen aber auch spoken Words zum Einsatz, Dissonanz ist auch ein ständiger Begleiter. Und dann die sagenhaften Lyrics in deutscher Sprache, ein Genuss! Die erste Auflage des Tapes war ruckzug ausverkauft, das Label hat wohl nochmals eine zweite auf den Weg gebracht. Spannende Band, mal sehen, was da noch in Zukunft draus wird!